Das Projekt „Zukunft der Dörfer“ will soziologische und gesellschaftspolitische Aspekte des Diskurses über Landwirtschaft im Oldenburger Münsterland beleuchten und Fragen diskutieren wie:

Wie bewerten die Menschen der Region das Thema Landwirtschaft – unabhängig medial polarisierender Zuschreibungen?
Welche Bedeutung hat der Wirtschaftszweig Landwirtschaft für Bürgerinnen, die in ganz anderen Bereichen arbeiten?
Wie verändert eine industrielle Landwirtschaft das traditionelle Bild des Bauerndorfes?
Wie entwickeln sich Alternativen zur industriellen Land- und Veredelungswirtschaft?

Die Kulturlandschaft des Nordwestens, insbesondere des Oldenburger Münsterlandes, wird seit vielen Generationen geprägt durch landwirtschaftliche Nutzung. Waren Ackerbau und Viehzucht aufgrund der geringen Bodenqualität zunächst nur eingeschränkt möglich, brachte die Nähe zu den Nordseehäfen, über die Futtermittel aus dem Ausland importiert werden konnten, im 20. Jahrhundert einen beispiellosen Aufstieg mit sich. Das Oldenburger Münsterland weist seither die größte Dichte an Geflügel-, Schweine- und Rinderzuchtbetrieben auf. Die Agrar- und Ernährungsindustrie ist hier Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber Nr. 1 – mit allen Vor- und Nachteilen, die eine intensive Tierhaltung und -produktion auf relativ engem Raum mit sich bringt.

Schwein gehabt! Wie prägt(e) Landwirtschaft den ländlichen Raum?

Innovations- und Gründergeist, unermüdlicher Fleiß und der kontinuierliche Ausbau nationaler wie internationaler Netzwerke und Kooperationen im Wertschöpfungsprozess prägen das Image des Wirtschaftsstandorts Oldenburger Münsterland positiv. Niedrige Arbeitslosenzahlen, attraktive Arbeitsplätze für Fachkräfte und von hohen Gewerbesteuereinnahmen profitierende Gemeinden mit gut ausgebauter Infrastruktur lassen alle Bewohnerinnen an diesem Erfolgsmodell teilhaben.

Industrielle Formen der Landwirtschaft und Tierhaltung sehen sich jedoch auch zunehmend gesellschaftlich in Frage gestellt: Unter Schlagworten wie Massentierhaltung, Überdüngung oder Ausbeutung ausländischer Saisonarbeiter steht der „Schweinegürtel“ regelmäßig im Fokus teils sehr emotional geführter öffentlicher Debatten. Angesichts von Globalisierung und Klimawandel werden ökologische, soziale und ethische Fragen längst nicht mehr nur im regionalen Umfeld, sondern auf der großen Bühne diskutiert. Eine selbstbewusste regionale Identität und ein angeschlagenes Image in der Außenwahrnehmung geraten so immer wieder ins Kreuzfeuer.

(Foto: teamfoto-stock.adobe)

Ländliche Räume sind ohne Landwirtschaft nicht denkbar – weder als agrarische Nutzgebiete, noch als touristische Erholungslandschaft. Und gerade die räumliche und soziale Einheit „Dorf“ ist nach allgemeinem Verständnis eng und unmittelbar mit landwirtschaftlich geprägten Arbeits- und Lebensformen verbunden. Umso spannender die Frage, wohin die Landwirtschaft der Region sich als identitäts- und imageprägender Standortfaktor entwickelt.