Das Projekt „Zukunft der Dörfer“ will nicht nur verschiedene Wohn- und Lebenskonzepte auf dem Land betrachten, sondern vor allem die hier lebenden Menschen und ihre Bedürfnisse in den Vordergrund rücken und Fragen diskutieren wie:

Von früher lernen: Historische Beispiele für gelingenden Dorfgemeinschaften
Gemeinsam stark: Was man mit Geld nicht kaufen kann…
Gemeinsam einsam? Mehrgenerationen-Wohnen als nachhaltige Lösung
Glückliche Kindheit auf dem Land? Was die nächste Generation braucht…

„Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“, fragte vor einigen Jahren ein weltweit bekanntes schwedisches Möbelhaus und suggerierte damit, dass es mehr braucht als vier Wände mit entsprechendem Mobiliar, um aus einem Wohnraum ein Zuhause zu machen. Neben Funktionalität der technischen Ausstattung ist hier vor allem eine individuell gestaltete Privatsphäre von Bedeutung. Im Gegensatz zu anderen Kulturkreisen bestehen wir auf unseren persönlichen Rückzugsraum. Und dennoch verlagern sich viele Bereiche des alltäglichen Lebens nach außen: Kinder werden durch die Berufstätigkeit der Eltern außer Haus betreut, ebenso Alte und Kranke. Zunehmende Mobilität und ein überregionales kulturelles Angebot leisten ebenfalls ihren Beitrag dazu, dass nicht nur städtische Randlagen, sondern auch Einfamilienhaussiedlungen auf dem Land zu reinen Schlafstädten werden.

Briefkasten, Kaugummi- und Kondomautomat – sieht so ländliche Grundversorgung aus?

Parallel dazu verlangen demographischer Wandel, veränderte Familienbilder, Migrationsbewegungen und die räumliche Verdichtung in den Ballungsräumen nach kreativen Lösungen der Raumnutzung. Auffällig ist, dass man hier gerade in den Städten auf ursprünglich dörfliche Strukturen stößt: Das Quartiersmanagement setzt häufig auf Mehrgenerationen-Wohnen, örtliche Nahversorgung, Nachbarschaftshilfe und Gemeinschaftsräume wie Co-Working-Spaces und Stadtgärten. Und auf dem Land?

Auch in ländlich geprägten Regionen hat man längst erkannt, dass vermeintlich stabile Dorfstrukturen durch gesellschaftliche Entwicklungen hinterfragt werden (müssen). Über Generationen erlernte soziale Gefüge werden durch individuelle Lebensentwürfe aufgebrochen – ein Transformationsprozess, der sich nicht zuletzt im Ortsbild niederschlägt: Leerstand im Ortskern kontrastiert mit boomenden Baugebieten in den Randlagen. Der Verkehr nimmt zu, aber auf dem Dorf ist nichts los, bemängeln vor allem junge Leute – und ziehen in die Stadt. Von bedarfsgerechtem Wohnen ist oft nur dann die Rede, wenn es gilt, körperliche oder geistige Handicaps auszugleichen. Aber hat nicht jeder in jedem Alter den Wunsch und das Recht auf ein ‚bedarfsgerechtes‘ Lebensumfeld? Und wenn die Wohnungsfrage geklärt ist – wieviel (Gemeinschafts)Leben braucht ein Dorf, um attraktiver Lebensraum zu sein?